Kleines Wörterbuch der Tierrechte

Abgrund - Jane Goodall hatte in einem ihrer Vorträge über ihre Schimpansenbeobachtungen in Gombe in einem einzigen Satz erwähnt, daß sie bis jetzt kein altruistisches Verhalten bei den von ihr beobachteten Schimpansen hatte feststellen können. Seinen Bericht über den Vortrag betitelte ein Journalist daraufhin mit den Worten: "Der Abgrund zwischen Mensch und Tier". Doch auch altruistisches Verhalten wurde längst bei (anderen) Tierarten beobachtet. Tatsächlich ist jedes Merkmal, das allen Menschen gemeinsam ist, nicht nur den Menschen gemeinsam. Sämtliche Ansätze, einen elementaren Unterschied zwischen Menschen und den anderen Tieren zu machen (Sprache, Werkzeuggebrauch, Religion, Todesbewußtsein), scheiterten. Es gibt ihn faktisch nicht, den "Abgrund zwischen Mensch und Tier", so sehr das diejenigen, die ihre Identität an der Minderbewertung der Tiere festmachen, auch stören wird.

Abtreibung - Wer sich für das Lebensrecht der Tiere einsetze, müsse gleichzeitig für eine konservative Abtreibungspolitik plädieren, lautet das Vorurteil. Die Grundlagen der Tierrechte liegen jedoch in der Respektierung von tierlichen und menschlichen Interessen, nicht im Glauben an die Heiligkeit des Lebens. Tierrechtler und Tierrechtlerinnen beurteilen Abtreibungen genauso variabel wie die gesamte Bevölkerung.

Alternativen - Ob Tierversuche, Jagd, "Schädlingsbekämpfung", alle fragen nach "Alternativen". Für ein Verbrechen aber gibt es keine "Alternativen", einen gleichwertigen Ersatz. Es gibt jedoch keinen Grund, anzunehmen, daß das angestrebte Ziel (medizinischer Fortschritt, Schutz des Waldes und vor Seuchen) nicht auch anders und vielleicht sogar effektiver, nämlich mit ethisch vertretbaren Methoden, erreicht werden kann und nicht nur mit Gift und Waffengewalt.

Behaviorismus - Überholte Methode in der Verhaltensforschung, die die Tiere auf Reiz-Reaktionsapparate reduziert. Jegliches Innenleben der Tiere wird geleugnet mit dem Argument, daß man Tiere darüber nicht befragen könne und deshalb Analogieschlüsse nicht wissenschaftlich seien. Die behavioristische Betrachtung erwies sich als äußerst nützlich für diejenigen Naturwissenschaftler, die ohne moralische Skrupel mit den Tieren "arbeiten" wollen. Wer ein Innenleben leugnet, braucht sich keine Gedanken um Schmerzen und Leiden machen.

Barmherzigkeit - Christliche Tugend, spielt bei der Argumentation um Tierrechte, bei der die Pflichten betont werden, keine Rolle. "Nicht Erbarmen, Gerechtigkeit sind wir den Tieren schuldig!" A.Schopenhauer

Chefideologen - Philosophen wie Dr. Helmut F. Kaplan, Prof. Tom Regan oder Prof. Peter Singer werden von den Medien gern zu den Vordenkern der Tierrechtsbewegung gemacht, als ob TierrechtlerInnen wie eine Sekte einen Guru bräuchten. Die Tierrechtsbewegung jedoch hat keine Kaderschmiede. Das Wissen um die Rechte der Tiere wird nicht von oben aufgedrückt, und vom Fußvolk der Vordenker verbreitet, sondern entwickelt sich weltweit nach der Gesetzmäßigkeit moralischer Entwicklungen.

Daunen - Die feinen Federn werden den jungen Gänsen in der Regel lebend ausgerissen, um mehrmals "ernten" zu können.

Eier - 70 Millionen Hühner leben hierzulande in Legebatterien, 1 Million Hühner leben in "Freilandhaltung". Es besteht keine Gewißheit, daß diejenigen Eier, die als Freilandeier verkauft werden, auch tatsächlich Freilandeier sind. Und auch Freilandhaltung wird den Tieren nicht gerecht: die männlichen Hühnerküken, die ebenso häufig in der "Hühnerproduktion" ausgebrütet werden, werden vergast, zermust oder ertränkt. Hühner, deren Produktivität nachläßt, werden geschlachtet.

Ersatzreligion - Durch Vermischung ökologischer, tierschützerischer und tierrechtlerischer Argumentation und mit Verweisen auf scheinbare Parallelen zwischen TierrechtlerInnen (VeganerInnen) und östlichen Religionen zeichnen die Gegner der Tierrechte ein Bild abstruser Glaubensphilosophie. Tierrechte basieren jedoch nicht auf Glaubensgrundsätzen wie Religionen, sondern auf der herrschenden säkularen Ethik und Moral der abendländischen Kultur.

Ethik - Ethik ist die praktische Philosophie, die nach einer Antwort sucht auf die Frage: was sollen wir tun? Ihre Betonung ist normativ.

Ethologie - Erforschung des Verhaltens von Tieren. Sie konzentriert sich darauf, wie Tiere tatsächlich handeln, im Gegensatz zur Ethik.

Fische - Wirbeltiere mit Zentralnervensystem. Fische sind schmerzempfindlich und leidensfähig, empfinden Angst und Streß und zeigen Lernverhalten. Es gibt keinen Grund anzunehmen, daß diese Tiere keine Interessen hätten.

Haustiere - Das Elend der "Haustiere" wird von Tierrechtsgegnern an überfütterten Hunden festgemacht. So unverantwortlich das (ohnehin seltene und gutgemeinte) Überfüttern auch sein mag, ist es bodenloser Zynismus angesichts der unzähligen Haustiere, die durch mangelnde Beachtung ihrer Interessen ein erbärmliches Leben in Abhängigkeit erleiden müssen. Auf dem Land liegt auch nicht unbedingt das Wohl der "Haustiere" (Kettenhunde und zerschmetterte Katzenbabys).

Honig - In der industriellen Honigproduktion werden bei Saisonende die Bienenstöcke aus Rentabilitätsgründen "ausgeräuchert". Die Ernährung der Bienen mit Zucker verursacht Krankheiten.

Hundefutter - Die Ernährung der fleischessenden Haustiere bietet den Tierrechtsgegnern eine scheinbare Angriffsfläche. Wer Hunde vegetarisch gesund und ausreichend ernährt, gilt als Tierquäler, weil es "unnatürlich" sei; wer den Hund mit Fleisch ernährt, als inkonsequent. Bei der Tierrechtsethik geht es jedoch nicht um die Konsequenz der VertreterInnen, sondern um die Logik der Aussage. Und eine Ernährung mit Rindern statt Soja und Gemüse ist auch nicht unbedingt "natürlich".

Inkonsequenz - Eine hundertprozentige Konsequenz kann es in einer Gesellschaft, die auf der Versklavung von Tieren aufbaut, nicht geben. Ein hundertprozentig gewaltfreies Leben auch nicht. VeganerInnen "sitzen in der moralischen Klemme", weist Tierrechtsgegner Michael Mirsch scheinbar nach: "Der Kautschuk, aus dem ihre Stiefel (...) hergestellt werden, stammt aus Plantagen. Dafür wurden Regenwälder gerodet, und mit diesen verschwand eine artenreiche Tierwelt." Die Tatsache, daß jedes Leben anderes Leben beeinträchtigt, ist jedoch keine Rechtfertigung für absichtliche Ausbeutung und Tötung von Tieren, sondern die Verpflichtung, das Elend, das wir zwangsläufig verursachen, weitestgehend zu reduzieren.

Jagd - 5 Millionen Wildtiere werden alljährlich in Deutschland bei der Jagd getötet. Die allgemeine Kritik richtet sich jedoch weitestgehend gegen die Persönlichkeit der Jäger, ihr erotisches Verhältnis zu Waffen, ihre befremdenden Rituale und die kodierte Sprache, die männerbündlerischen Machtdemonstrationen. Was Jagd für Tiere bedeutet, wird weitgehend ausgeklammert, nämlich Angst, Streß, Schmerzen, Leiden, Tod.

Kompromisse - Kompromisse können TierrechtlerInnen ebensowenig eingehen wie sie Gegner der Sklaverei eingehen können. Das Erkennen grundsätzlichen Unrechts läßt Mittelmäßigkeit nicht zu. Die Politik, akute Leiden zu mindern, bedeutet jedoch keinen Verrat des Ziels, denn es geht nicht nur um theoretische Präzision sondern darum, für die Tiere etwas zu erreichen.

Kultur - Als ein typisches Phänomen der menschlichen Gesellschaft charakterisiert, eine Behauptung, die nur aufgestellt werden kann, weil sich fast niemand die Zeit nimmt, Kultur dort zu suchen, wo man sie nicht finden will, bei den Tieren. Tatsächlich haben Biologen und Ethologen auch bei Tieren Phänomene entdeckt, die sich aus anthropologischer und sozialer Sicht in die Kategorien Gesellschaft und Kultur einordnen lassen. - s.a. Natur

Leder - Überwiegend die Haut von "Schlachttieren", macht etwa 10% ihres Marktwertes aus und ist ein Wirtschaftsfaktor bei der Vermarktung von Tieren.

Milch - Kühe werden vom 2. Lebensjahr an jährlich befruchtet, daß der Milchfluß nicht versiegt. Die Kälber werden sofort nach der Geburt der Mutter zur Mast weggenommen. In der industriellen "Milchproduktion" erleben die Kühe ihren 6. Geburtstag nicht. Und auch die "glücklichen" Kühe in der traditionellen Landwirtschaft verbringen ihr halbes Leben in Kettenhaft im Stall.

Natur - Die Zuordnung von Individuen zur Natur (im Gegensatz zur Kultur) war immer schon ein Mechanismus, um sich vor Verpflichtung zu drücken und Rechte abzusprechen, sei es bei den "wilden" Schwarzen, sei es bei Frauen, sei es bei Tieren.

Natürlich - Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, "natürlich" sei ein Synonym für "gut" oder "richtig". Wir Menschen haben die Fähigkeit, eine Wahl zu treffen, und damit verbinden sich Verpflichtungen. Inwieweit Tiere die Fähigkeit zur Wahl haben, ist nicht relevant. Wir können keine Rechtfertigung für unser Verhalten aus dem anderer Spezies ziehen.

Pflanzen - Es gibt keine begründete Annahme, bei Pflanzen Interessen zu vermuten, da sie nicht über Schmerzempfindung und Leidensfähigkeit verfügen (Schmerzempfindung würde ohnehin keinen Sinn machen, da sich Pflanzen einer Schmerzquelle nicht entziehen können). Reizempfindlichkeit darf dabei nicht mit bewußtem Schmerzempfinden verwechselt werden.

Quallen - Einzeller, Vielzeller (Schwämme), Hohltiere (z.B. Polypen) und die niedersten Formen von Molusken (Muscheln) verfügen offenbar auch nicht über Schmerzempfinden und Leidensfähigkeit. (Das heißt nicht, daß es grundsätzlich egal wäre, wie man mit Pflanzen oder diesen Tieren umgehen sollte. Achtung vor allem, was lebt, ist jedoch nicht die Grundlage der Tierrechte).

Ratten - Auch Kanalratten haben ein Recht auf Leben. Berechtigte Notwehrsituationen implizieren jedoch nicht unbedingt das Recht, töten zu dürfen. Auch hier gilt die Verpflichtung, das schonendste Mittel einzusetzen zu müssen, wenn tatsächlich eine akute Verteidigungssituation elementarer Interessen eintritt.

Rechte - Bei der Tierrechtsphilosophie geht es nicht darum, nachzuweisen, daß die Annahme, Menschen hätten Rechte, richtig sei. Sie weist nach, daß es keinen vernünftigen, logischen Grund gibt, Rechte für alle Menschen anzunehmen und sie gleichzeitig den Tieren abzusprechen.

Seide - Bei der Produktion von Seide werden die Raupen lebend gekocht oder gedämpft. Ob Seidenraupen schmerzempfindlich und leidensfähig sind, ist umstritten. Für TierrechtlerInnen gilt hier der Grundsatz, lieber überflüssige Rücksicht zu nehmen, als eventuellen Schaden zuzufügen.

Schmerz - Den TierrechtlerInnen geht es nicht darum, den Schmerz abzuschaffen, wie es von Tierrechtsgegnern wie Michael Miersch gern unterstellt wird. Es geht ihnen um die menschliche Verpflichtung, absichtlich und willentlich keine Schmerzen zufügen zu dürfen!

Speziesismus - Die Nichtbeachtung der Interessen anderer Spezies aufgrund ihrer Nichtzugehörigkeit zur Spezies Homo sapiens (in Analogie zum Rassismus und Sexismus).

Tierversuche - Eine unbekannte Zahl von Tieren (zwischen 7 und 15 Millionen) wird alljährlich in Deutschland in die Rolle des Vorkosters für chemische, biologische und pharmazeutische Substanzen gezwungen oder in der Grundlagenforschung zu Tode gebracht - angeblich für einen höheren Zweck, nämlich zum menschlichen Nutzen. Sie werden zu einem supererogatorischen Handeln gezwungen, einem Handeln über die Verpflichtung hinaus, um anderen zu helfen. So ein Opfer kann ein Mensch freiwillig erbringen, ein Tier kann nur dazu genötigt werden, es ist verwerflich, egal, für welchen Zweck.

Vegan - Vegan leben heißt, eine Philosophie in die Praxis umzusetzen, die jede Ausbeutung von Tieren vermeiden will. Es ist die praktische Umsetzung der Tierechte. Veganer und Veganerinnen versuchen, die elementaren Rechte der Tiere auf Leben, körperliche und psychische Unversehrtheit und Freiheit nicht weniger als die der eigenen Spezies zu respektieren. Dazu gehört in erster Linie der Abschied von der als angebliche Selbstverständlichkeit übernommenen Vorstellung vom Tier als Rohstoff für Nahrung, Kleidung und sonstigen Bedarf. Veganer und Veganerinnen essen keine Tiere und keine tierlichen Produkte (Milch, Milchprodukte, Eier, Honig), für die Tiere ausgebeutet und getötet werden und tragen auch keine Kleidung, für die Tiere ausgebeutet und/oder getötet werden (Pelz, Leder, Wolle, Seide, Daunen). Sie diskriminieren die Tiere auch nicht mit ihrer Sprache durch herkömmliche, herabwürdigende Redensarten.

Vulgärdarwinismus - Die Interaktion zwischen Ethologie und Ethik beschränkten sich bisher hauptsächlich darauf, eine naturwissenschaftliche, evolutionäre Basis für die Ethik hervorzubringen, indem die Ethik der Ethologie untergeordnet wurde (Recht des Stärkeren). Dies veranlaßt Tierrechtsgegner wie Michael Miersch, der Tierrechtsethik den Vulgärdarwinismus der Nazis überzustülpen. Tierrechtlerinnen und Tierrechtler jedoch ordnen die Ethik über der Ethologie ein und tun damit genau das Gegenteil der Vulgärdarwinisten. Sie ziehen keine vermeintliche Rechtfertigung für ihr Tun aus Vorkommnissen unter nichtmenschlichen Tieren, sondern betonen die Verpflichtung der Menschen gegenüber nichtmenschlichen Individuen aufgrund moralisch relevanter gleicher Interessen bei Menschen und den anderen Tieren.

Wolle - Auch die Produktion von Wolle ist mit dem Mißhandeln und Töten von Tieren verbunden (Scheren im Akkord, Verstümmelungen von Tieren, um Fliegenbefall zu verhindern,Tötung der Überflüssigen). 80% der Wolle kommt aus Australien, wo die Schafzucht der Grund für die gnadenlose Verfolgung der Nahrungskonkurrenten (z.B. Känguruhs) ist.

Zoo - Lebende Trophäensammlung, deren Ursprünge sich im Kolonialzeitalter finden. Bananen und Löwen waren Zeichen nationaler Herrlichkeit. Heute gilt - zeitgemäß - das "Arche Noah" Prinzip. Die Gefangenhaltung von freien Tieren wird mit vermeintlichem Artenschutz begründet, und den gefangenen Tieren damit das Opfer ihres Lebens und der Freiheit für ihre Art abverlangt.

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