Als Tier im allgemeinen Sprachgebrauch verlacht und verhöhnt, für alberne Lieder und Witzchen gerade gut genug, als dümmliches, albernes, nichtiges Wesen geringgeschätzt, zur absoluten Bedeutungslosigkeit desavouiert, fristet das durchschnittliche Huhn in Deutschland die kurze Lebensspanne, die man ihm zubilligt, unter Bedingungen der permanenten Massenfolter. Spott erzeugt Abstand, und die mangelnde Identifikation mit dem Opfer verhindert Mitgefühl.
Die Legebatterien haben in Deutschland längst alle gegen sich, die Mißbilligung ist allgemein. Boykottaufrufe haben seit Jahrzehnten aber trotzdem nichts an den Fakten geändert. Wie betäubt greift der Käufer weiterhin zum Goldei, "Freilandeier gehen nicht so gut," behaupten die Anbieter und offerieren ungeniert die Produkte aus den Folterhallen. Es ist Rezession, da hat die Pfennigfuchserei unbedingte Priorität. Die Existenzqual der Erzeugerinnen übermittelt sich nicht auf die Einkäufer. Auf Unwissenheit kann sich niemand herausreden.
Das Leben eines durchschnittlichen Huhns findet seinen Anfang in einer halbgeschlossenen Aluminiumschublade eines Brutschrankes. In jeder solcher Kammern werden etwa 5000 Eier ausgebrütet. Alle drei Stunden werden die Tabletts automatisch gewendet. Drei Tage vor dem Schlüpfen kommen die Eier vom Vorbrüter in den Schlupfbrüter, wo die Küken dann in einem Zeitraum von 16 Stunden schlüpfen. Zu Hunderten, zu Tausenden auf einmal. Im Schlupfbrüter des Vermehrungsbetriebes bekommt kein Küken bei seiner mechanisierten Aufzucht je eine Glucke zu Gesicht.
Wenn die Küken nach 21 Tagen im Brutschrank aus dem Ei schlüpfen, muß die Hälfte der Tiere auch gleich wieder sterben. Die Küken der Legerassen werden sofort nach dem Schlüpfen "gesext". Das Aussortieren nach Geschlechtern besorgen vier weltweit operierende japanische und koreanische Firmen, mit etwa 200 von Vermehrungsfarm zu Vermehrungsfarm reisenden Facharbeitern.
Die männlichen Hühnerküken, 52% der geschlüpften Tiere, werden auf der Stelle mit Kohlendioxid vergast, in der Musmühle zwischen blitzschnell rotierenden Messern lebendig verhackstückt oder ertränkt. Manche werden auch in Plastiksäcken und Mülltonnen erstickt, mit Bulldozern zerquetscht, in Reibemühlen zerstampft. Sie gelangen dann auf Umwegen in die Futtertröge der neuen Generation versklavter "Nutztiere". 44 Millionen Hähnchenküken. Jährlich. In Deutschland.
Die "gesexten" Küken werden in Plasikbehältern oder Kartons verpackt und in die "Aufzuchtbetriebe" geschafft.
Hier werden den kleinen Legehennen am zehnten Tag nach der Geburt die Schnäbel mit einem heißen Messer gekürzt, damit sie sich später in den Käfigen nicht blutig hacken können. Diese Prozedur ist äußerst schmerzhaft, weil der Schnabel ein sensibles Tastorgan ist, durch das auch Nerven verlaufen. Zwischen Horn und Schnabel befindet sich eine Schicht hochempfindlichen Gewebes, das dem Bett des menschlichen Fingernagels ähnelt. Hinzu kommt, daß die Tiere nur noch mit großer Mühe Futter aufnehmen können, weil ihnen nicht selten der halbe Oberschnabel fehlt.
Nach der 20. Lebenswoche haben die Hühner die Legereife erreicht. Dann werden sie in einem "Ablegebetrieb" eingestallt, 90% davon in einer Legebatterie.
Die Ställe sind fensterlos. Das Licht, das den Hühnern morgens aufgeht, kommt von Neonröhren und dämmrigen Glühbirnen, die angehen. Bis zu 18 Stunden täglich brennt das Licht. Es simuliert ewigen Sommer und zieht die Legeperiode in die Länge.
In der Natur würde ein Huhn sieben und mehr Jahre alt werden. Manche Quellen sprechen sogar von zwanzig Jahren. Es höre den Winter lang auf zu legen, erneuerte sein Federkleid und begänne im nächsten Frühjahr wieder zu legen, und das mehrere Jahre hintereinander.
Die Hybridhennen der Intensivhaltung überleben ihre erste, künstlich verlängerte Legeperiode nicht. In körperenge Käfige gepreßt bleibt den Tieren nichts als Eierlegen bis zum Verrecken. Ihr Lebensraum: die Fläche einer DIN A 4 Seite, vier bis fünf Hühner müssen sich die Fläche einer Zeitungsseite teilen. Hauteng an die Nachbarinnen gedrückt, hat keine Henne auch nur ein einziges mal im Leben die Chance, die Flügel auszubreiten. In bis zu 6 Reihen übereinandergestapelt vegetieren 20.000 Hennen und mehr in einer einzigen Halle ihrem Ende entgegen.
Kein Huhn übersteht das Leben in diesen Gefängniszellen unbeschadet. Haftpsychosen sind die Regelfolge, Verletzungen, die die Tiere sich in der Enge gegenseitig zufügen, Kannibalismus, Selbstverstümmelungen aus Verzweiflung, aus dem ständigen Erleben der Ausweglosigkeit.
Die Hennen werden von Milben und Eingeweidewürmern befallen, schreien sich im Irrsinn der Gefangenschaft die Kehle aus dem Hals: In den Legebatterien herrscht ohrenbetäubendes Geschrei. Verhaltensforscher werten das als ein Zeichen der Bedrängnis. Hühner, die frei laufen können, sind im allgemeinen ruhig und geben nur hin und wieder ein Gackern von sich.
Da die Tiere nicht scharren und kratzen können, nutzen sich die Krallen nicht ab. Manche Hennen wachsen buchstäblich am Gitterrost fest. Da bleibt schon mal ein Bein hängen, wenn die Tiere nach der Legeperiode aus den Käfigen gerissen werden.
20% der Legehühner überleben die Tortur in ihren Gefängnissen nicht, sterben an Krankheiten oder am Streß. Der Rest übersteht - mehr oder weniger lebendig - durch reichliche Gaben von Medikamenten gerade mal die 12 bis 15 Monate dauernde, künstlich in die Länge gezogene Legeperiode.
In dieser Zeit hat die Henne reichlich 300 Eier gelegt. Mit dem 17. bis 20. Lebensmonat ist die Legeleistung dann meist um die Hälfte gesunken, der Punkt der Unwirtschaftlichkeit erreicht, die Maschine ist schrottreif.
Die unnatürlich hohe Eierproduktion hat den Tieren sogar den Kalk aus den Knochen gesaugt. "Käfiglähme" nennt man die Erscheinung, wenn den Tieren vor lauter Eierlegen die Knochen brechen.
70 Pfennig bis 1,90 Mark zahlen die Schlachtereien noch für die ausgelaugten, halbtoten, federlosen Hühner, die nach einem freudlosen Leben an der Ausblutrinne der Geflügelschlachterei und schließlich als Suppenhühner oder Gefügelpastete auf dem Teller der vergnügten Esser enden.
Es gibt eine Alternative zu diesem Routinevorgehen, nämlich die künstliche Einleitung einer Zwangsmauser, nach der eine Henne üblicherweise wieder mehr Eier legt. Dazu wird das Licht in der Halle, das bis dahin zur Stimulation der Legeleistung 17-18 Stunden täglich brannte, abrupt gelöscht und nur noch für etwa vier Stunden angestellt. Die restlichen 20 Stunden müssen die Hennen in absoluter Dunkelheit verbringen. Für zwei Tage wird die Flüssigkeitszufuhr eingestellt, für drei Tage erhalten die Tiere keine Nahrung. Die Tiere, die diesen Schock überlebt haben, können dann als produktiv genug angesehen werden, daß es sich lohnt, sie noch weitere sechs Monate leben zu lassen. Aber Küken sind billig, so ziehen die meisten Hühnerbetriebe meist die Neuanschaffung von Küken dieser halbjährigen Zusatzfolter vor.
Eine Million der 62,7 Millionen Legehennen in Deutschland hat zumindest das Glück eines Lebens vor dem Tod. Sie dürfen in der ihnen zugebilligten Lebensspanne ihr Verhaltensrepertoire größtenteils ausleben. Humanisierte Versklavung mit tödlichem Ausgang, denn ein Tier, das zum Nutzobjekt degradiert ist, wird immer an seiner Wirtschaftlichkeit gemessen. So stirbt auch für jede freie Henne ein männliches Hühnerküken in der Musmühle oder in der Gaskammer. Und ist die Leistungsfähigkeit unwirtschaftlich geworden - bei freigehaltenen Hennen nach etwa 4 Jahren - wartet die mechanische Entköpfungsmaschine und nicht das Gnadenbrot.
Der Verbraucher kann auch nicht immer sicher sein, daß angebotene Freilandeier auch tatsächlich Freilandeier sind. Denn rein rechnerisch müßten die eine Million freigehaltenen Hennen in Deutschland täglich 5 Millionen Eier legen. So viele nämlich werden täglich konsumiert. Etikettenschwindel, der, nach Gerichtsurteilen, noch nicht einmal strafbar ist, geschweige denn in den meisten Fällen überhaupt nachweisbar. Da kauft der findige Eierhändler und Alibihalter von ein paar hundert freien Hennen Abertausende Eier aus einer niederländischen Legebatterie hinzu und verkauft sie weiter als teure Freilandeier.
Freilandhaltung, die bessere Alternative. Aber keine Befreiung der Hühner aus dem Joch der Zwangsarbeit. Auch das Freilandei wird mit dem Leben von Huhn und Hahn bezahlt. Die Befreiung der Hühner beginnt im Kopf und mit dem Abschied von dem Gedanken, daß der Wert eines Tieres am Nutzen für uns zu bemessen sei. Sie ist die beste Alternative.
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